Weg der Schöpfung

Hemma Pilgerweg

 

Labyrinth

Labyrinthe sind Symbole für den Lebensweg. Ich muss den Weg nur gehen, mich ihm anvertrauen und nicht aufgeben. Wie bei den Phasen im Leben geht es hin und her, vorwärts und zurück, nach Innen und nach Aussen, bis endlich die geheimnisvolle Mitte vor den Füssen liegt. Dort verweile ich, geniesse ich, vertiefe ich mich, schöpfe ich Kraft, bevor ich umkehre und wieder den langen gewundenen Weg hinaus in den Alltag unter die Füsse nehme.

 

Autor: Peter Bauer 

Eine meditative Anleitung zum Verstehen und Begehen des Labyrinthes

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Verstehenshilfen


    WIE IM LABYRINTH - SO IM LEBEN
    es gibt einen Anfang und ein Ende
    es gibt immer einen Weg
    ich will den Weg gehen bis zum Ziel
    ich will nicht aufgeben
    ich kann immer wieder neu anfangen
    so komme ich ans Ziel
    die Liebe ist der Ariadne-faden
    die Liebe ist der Weg und das Ziel

    Jesus sagt:
    „Ich bin der Weg,
    die Wahrheit
    und das Leben“
    WIE IM LABYRINTH - SO IM LEBEN

2. Hilfen beim Begehen des LABYRINTHES


Das Labyrinth ist ein energiegeladener Raum voller spiritueller und mystischer Tradition.
Das Labyrinth erschließt seine spirituelle Kraft im Be-gehen.
Der Weg führt in die Mitte und wieder heraus zu neuem Leben.

Die drei Etappen des Weges:

Hineingehen       Abwerfen - Loslassen, was (Dich) bedrückt - zur Ruhe kommen -
sich dem Weg anvertrauen - in die Mitte gehen - zur Quelle finden.
Ruhen:           

in der Mitte verweilen - meditieren - beten - empfangen - neue Kraft schöpfen -
sich finden - zu Gott finden
Hinausgehen:             den Weg verstehen lernen - Klarheit gewinnen - neue Kraft schöpfen -
dem Leben entgegen gehen - dem Nächsten begegnen können - das Leben in die Hand nehmen

3. Spirituelle Botschaft des Labyrinths:

Labyrinthe sind:

  • Eingangsorte zu neuen Lebensabschnitten
  • Helfer in der Suche nach der eigenen Mitte - Orte der Selbstbegegnung und Selbstfindung
  • ein Weg, um über Umwege zum Ziel zu kommen
  • eine Schule der Langsamkeit und der Geduld
  • Orte, sich zu wenden und zu wandeln
  • als Energiezentren schenken sie Energie - „der Weg ist das Ziel“   

 4. Persönliche Anleitung zum Gehen


Ein Labyrinth hat mit meinem „inneren“ Weg zu tun, den jeder in sich sucht und jeder finden kann, wenn er ihn nur geht. Beim Be-gehen des Labyrinthes mache ich die Erfahrung:

    WIE IM LABYRINTH - SO IM LEBEN

  •     Ich mache mich auf den Weg. 
  •     Ich mache ganz bewußt meine ersten Schritte ins Labyrinth hinein.
  •     Ich nehme meine Lebenserfahrung - meine Wegerfahrungen mit.
  •     Von Wegen, die ich gegangen bin - von Wegen, die ich nicht gegangen bin.
  •     Von Wegen, die ich nicht mehr weiter wollte.
  •     Von Wegkreuzungen, wo ich nicht wußte, welchen Weg ich weitergehen soll.

Eine wichtige Unterscheidung.

  • Ein Labyrinth ist kein Irrgarten - kein Irrweg.  
  • Im „Irrgarten“ gibt es viele mögliche Wege,  die aber nicht alle zum Ziel führen. 
  • Der „Irrgarten“ - „TRAP“ genannt in der arabischen Kultur -  ist ein Synonym für die Falle.
  • Ich kann mich verlaufen und  in die Irre zu gehen,  an Sackgassen kommen und nicht mehr weiterwissen. 
  • Im Irrgarten  besteht  die ständige Notwendigkeit, umzukehren,  einen neuen Weg zu wählen  und sich für eine andere Wegrichtung zu entscheiden. 
  • Der „Irrgarten“ ist also ein Symbol   für die Möglichkeit und Notwendigkeit der Entscheidung,
  • des „Entweder- Oder“ (Kiergegaard) und der „Gnade des Neuanfangs“ im Leben. 
  • Auch im und durch den Irrgarten kann ich ans Ziel kommen.

Auch hier gilt:   „WIE IM IRRGARTEN - SO IM LEBEN“

Im klassischen Labyrinth - in der Grundform von Chartres - gibt es immer nur einen Weg.

  • Einen Anfang - eine Mitte - ein Ende.
  • Ich brauche den Weg nur zu gehen. Ich darf nur nicht aufgeben.
  • Ich darf mich vom Weg führen lassen und mich dem Weg anvertrauen.
  • Es geht wie ein Pendel - hin und her - auf und ab - vor und zurück.
  • Es geht nach links - es geht nach rechts - immer wieder.
  • Links ist die Todesspur - nach Westen ins Dunkel - „gegen-sonnen“ - wo die Sonne untergeht.
  • Rechts ist die Lebensspur - die Liebesspur - nach Osten - „mit-sonnen“ -   zum Licht,  wo die Sonne aufgeht.
  • Ich wende mich nach links. Ich wende mich nach rechts.
  • „Sich wenden“ - heißt auch „sich wandeln“.
  • Unterwegs geschehen die Wandlungen - wenn ich mich auf den Weg mache.

WIE IM LABYRINTH - SO IM LEBEN

  • Ich komme auf meinem Weg an die Mitte.
  • Ich denke - endlich bin ich am Ziel - am Ziel meiner Hoffnungen und Wünsche.  Aber welche Enttäuschung. 
  • Ich merke - ich komme wieder ab vom Ziel. Ich werde zurückgeworfen.
  • Ich muß noch einmal von vorne anfangen.
  • Ich muß im Leben immer wieder von vorne anfangen. Ich darf jeden Tag neu anfangen.
  • Nur wenn ich weitergehe, komme ich ans Ziel. Nur wenn ich weiterlebe, bleibe ich am Leben.


Ich stehe vor der Mitte.

  • Das ist im Labyrinth der Ort der Auseinandersetzung.
  • Ich begegne mir selbst - ich begegne meinem Schatten - meiner Freude und meinem Schmerz,  meiner Hoffnung und meiner Angst.
  • In der Geschichte des Labyrinths ist die Mitte immer der Ort,  wo das Dunkle, das Dämonische auf mich lauert.
  • In der griechischen Sage ist es der Minothauros, auf den Theseus trifft.
  • Der Minothauros - das ist das Dämonische, das Dunkle in meinem Leben.
  • Das, was mir Angst macht - das, was mich krank macht.  Das, was mich verschlingen - und mir das Leben nehmen will.
  • Es ist der Tod, der mich töten will.
  • Theseus kämpft gegen den Tod - er kämpft um sein Leben.  Er kämpft mit den Waffen, die die geliebte Ariadne ihm mitgegeben hat.  Ein geweihtes Schwert und ein roter Faden - „der rote Faden der Liebe“ - sind die Waffen,  mit denen man das Böse besiegen und wieder zum Leben zurückfinden kann. 


Im christlichen Labyrinth,
das spätestens im Mittelalter in vielen Kirchen eingebaut wird, ist Jesus Christus die Mitte.
Das Kreuzeszeichen ist die Grundstruktur des Labyrinthes.
Jesus Christus sagt von sich: „Ich bin  DER  WEG, DIE  WAHRHEIT und DAS  LEBEN!“
„Ego sum via, veritas et vita!“

  • Drinnen im Labyrinth kann ich nicht bleiben.Ich will da wieder raus. 
  • Ich will zurück ins Leben. Ans Licht.
  • Ein Dreh - eine Umdrehung ist nötig.
  • Der so genannte „Lebensdreh“ (mittelalterlicher Topos) weist mir die neue Richtung:
  • immer vom Tod zum Leben - aus dem Dunkel zum Licht - 
  • aus dem inneren Chaos zur inneren Harmonie -  aus dem inneren Unfrieden zum Frieden des Herzens.

5. Labyrinthe in der Literatur

Wer geht, findet seinen Weg,
die Straße des Lebens;
Trampelpfad alltäglicher Routine?
Schleichweg mittelmäßiger Kleinkariertheit?
Sackgasse ständigen Versagens?
Labyrinth letzter Ausweglosigkeit?
Auf dem Weg sein, immer unterwegs sein,
gangbare Wege suchen, neue Wege gehen
und umkehren können,
wenn man sich verrannt hat.
Weggefährten suchen,
Menschen, die ein Stück mitgehen.
Und Gott an seiner Seite wissen.
(Berthold Brecht)
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28.Mai 2007                                                               
Des Menschen  Lebenslauf gleicht  einer
Irrebahn,
Aus Einfalt irrt das Kind, ein Weiser durch
Begierde,
des Alters Irrweg ist ein falsch gesetzter
Wahn,
Des Geizes schimmernd Erz, der Geilheit
fremde Zierde.
Jedwedes Laster fehlt und fällt vom Mittel ab,
sucht einen Abweg ihm zum eigenen Verderben,
ja nicht der Hundertste weiß seinen Weg ins
Grab,
Er kennt ja wohl die Not, doch nicht die Art
zu sterben.

Wer aber durch den Bau vernünftig irregeht,
wird seines Heiles Weg,
der Wahrheit Richtschnur finden...
(Aufschrift eines Labyrinthes
Daniel Casper von Lohenstein)
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Das Labyrinth hat ein schief angebrachtes und schwer
zugängliches Tor: Wieweit du zu laufen hast, wenn du
von außen nach innen eilen willst, soweit führt es dich
wieder durch die eng gewundenen Irrbahnen von innen
zur Tiefe des Ausgangs; mit seinen Wegen nach außen
verhext es dich Tag für Tag und spot-tend treibt es
mit den Windungen der eitlen Hoffnung sein Spiel mit
dir wie ein Traum mit seinen leeren Gesichten, bis der
Regisseur Chronos zerfließt und, ach, der Dunkelschaffer
Tod dich empfängt und dir keine Möglichkeit mehr
gibt zum Ausgang zu gelangen.
(aus einem mittelalterlichen Labyrinth Gedicht)
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Halt an! Wo läufst du hin?
Der Himmel ist in dir.
Suchst du Gott anderswo,
du fehlst ihn für und für.
(Seuse)

Wenn wir wüßten, daß die Welt ein Labyrinth ist, dann wüßten wir, daß es ein Zentrum gibt.
Egal, ob dort etwas Schreckliches wie der Minotauros oder etwas Göttliches wohnt.
Aber es gäbe ein Zentrum.
Wenn wir hingegen annehmen, daß die Welt Chaos sei, dann wären wir wirklich verloren.
(Jorge Luis Borge)
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Der Minotaurus ist es, der die Existenz des Labyrinths
vollgültig rechtfertigt.
(Jorge Luis Borge)
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„Die Bibliothek ist ein Labyrint?“
„Hunc mundum tibice laberinthus  denotat ille“, rezitierte der Greis versunken. “Intranti largus, redeunti sed nimis artus. Die Biblio-thek ist ein großes Labyrinth,Zeichen des La-byrinthes der Welt. Tritts du ein, weißt du nicht, wie du wieder herauskommst.Man soll die Säulen des Herkules nicht antasten...“
(Umberto Eco, der Name der Rose)
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Der Labyrinth ist ein betrieglicher Irrgarte /
also ist die Welt voll List und Irrthums....
Mitten im Labyrinth war das grausame
Ungeheuer /
das Kind der Sünden / der Minotaurus;
mitten in der Welt ist der abgesagte Feind
GOttes nd des Menschen.
Der Faden führete ohn Irrsal durch den
Irrgarten; durch die Welt führet richtig GOttes
Wort.
Weh denen / so von dieser Richtschnur über
helisame Warnung abweichen!
Der Labyrinth ist vergangen /
nach deme Theseus obgedachtes Ungeheuer
ritterlich gefället /nd die schöne Ariadne geehlicht.
Also muß die Welt mit ihrer Lust und unserer
Unlust vergehen.
Darum bitten wir / daß solches bald geschehe daß
uns GOtt kräfftiglich erlöse von dem Bösen
und allem Übel
sanfft und frölich  in das himmlische Hoch-zeitshaus führe /
und daselbst bekröne mit der unverwelklichen
Sternenkrone.
(Protestantischer Anonymus
aus dem emblematischen Catechismus, Nürn-berg 1683)

   

6. Literatur:

 H. Kern Labyrinthe, 1982 Prestel Verlag
 G. Candolini, das geheimnisvolle Labyrinth, Pattloch Verlag - Labyrinthe, Praxisbuch z. Malen, Bauen, Tanzen, Spielen, Meditieren u. Feiern - Pattloch
 Uwe Wolff Reise ins Labyrinth - unterwegs zur eigenen Mitte - Herder 2001
(darin weitere Literaturangaben)
 U. Wolff - Jürgen Hohmuth, Labyrinthe, Pilgerwege der Seele, Kreuz
 Otto Betz, Das Labyrinth des Lebens, Herder  - ISBN  - 3 - 451 - 27172 - 9
 Marion und Werner Küstenmacher LABYRINTHE -ISBN - 3-7787-3871-2

7. Labyrinthe am Weg


Neue Kirchenlabyrinthe in Deutschland:
Kölner Dom - Hohenberg bei Ellwangen, Jakobuskirche - Freiburg, St. Konrad - Scheidegg im Allgäu, Ev. Auferstehungskirche

Neue Rasen - und Plattenlabyrinthe in Deutschland
Augsburg, St. Sebastian - Dinkelscherben, Ev. Kirche - Hofheim- Langenheim, Ev. Kirche -  Erlangen, EBZ - Frankfurt, Innenhof -      Ingersheim, Kirchenvorplatz - Ingolstadt, Donauufer - Nellingen, neben der Kirche - Nürnberg, FBZ - Würzburg, Haus St. Benedikt - Zazenhausen, Kirchenvorplatz



 

Hemma Pilgerwege (Kärnten/Steiermark und Slowenien)

Das INTERREG-Projekt "Hemma Pilgerweg" verbindet Menschen über die Grenzen Kärntens hinweg und gibt ihnen die Möglichkeit, aus allen Richtungen sternförmig nach Gurk , dem eigentlichen Ziel der Pilgerfahrt, zu gelangen. Ausgangspunkte sind Sveta Ana und Crna in Slowenien, Admont in der Steiermark und die Turrach, Millstatt, Ossiach und Karnburg in Kärnten.

Bereits seit 1607 pilgern nachweislich Menschen aus Krajn in Slowenien über den Loiblpaß nach Gurk zum Grab der hl. Hemma, der Kärntner Landesheiligen. Der Ursprung dieser Pilgertradition findet sich in einer Legende, die besagt, dass die Bewohner von Bischoflack in Kranj (Slowenien) den Bau einer Kirche verweigerten, worauf der Ort in den nachfolgenden Jahren von zahlreichen Missernten heimgesucht wurde. Um Hemma wieder zu versöhnen, haben sich die Menschen seit damals auf den Weg nach Gurk gemacht.

Auf der Suche nach Entschleunigung erlebt das Pilgern zu diesem traditionellen Wallfahrtsort heute einen enormen Aufschwung.

 

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